Die Geschichte der
Deutschherrnkapelle in Saarbrücken

Disposition Deutschherrnkapelle, Johann-Christian-Bach-Orgel



Die Gründung des Deutschen Ordens, und so auch der Deutscherrnkapelle, hängt eng mit den Kreuzzügen des Mittelalters zusammen. Papst Urban II rief im Jahre 1095 die abendländischen Ritter und Fürsten zur Befreiung des „Heiligen Landes“ (Palestina) auf. Die ersten Ritterorden waren die Johanniter 1113 und die Templer 1119. Beim Eintritt in den Orden mussten die Ritter Gehorsam, Besitzlosigkeit und Keuschheit geloben. Im Laufe des 3. Kreuzzuges (1189-1192) wurde die Stadt Akkon in Palestina belagert, Bremer und Lübecker Kaufleute richteten während dieser Belagerung unter dem Segel einer Kogge ein Feldlazarett für verwundete und kranke Deutsche ein, daraus entwickelte sich der Krankenpflegeorden der geistlichen Ritter. Seine Mitglieder verpflichteten sich zum Kampf gegen die Heiden sowie zur Kranken- und Armenpflege, ein berühmter Ritter des Deutschen Ordens war beispielsweise der Dichter Tannhäuser. Die Gründung des Deutschhauses in Saarbrücken geht auf das Jahr 1227 zurück. In diesem Jahr schenkte Graf Simon III. von Saarbrücken (1168-1233) dem Deutschen Orden Grund und Boden: „Also mögen jetzt und später Lebenden wissen, dass ich Simon Graf von Saarbrücken unserer hochgelobten Frau der heiligen Maria und den Brüdern des Deutschen Hauses einen Platz zum Bau eines Hauses bei Saarbrücken zum Heile meiner Seele geschenkt habe, dazu vier Joch Rinder, genügend Land zum Ackerbau in meinem Wald Hagen, genügend Heu für 8 Ochsen, ausserdem Land zur Anlage eines Krautgartens, ein Wasser zum Fischen, einen Obstgarten, zehn wilde Pferde in meinen Wäldern Warandt und Quierinschit, Salz in Marsal und das Recht des Kirchensatzes in Gebersdorf (Lothringen).“ Man vermutet, dass der Graf bei der Teilnahme des Kreuzzuges von 1217-1219 in Ägypten verletzt wurde und von Mitgliedern des Ordens gesund gepflegt wurde. Aus Dankbarkeit holte der den Orden an die Saar.

Die Verbindung der Deutschherrnkapelle zur Hl. Elisabeth

Die hl. Elisabeth von Thüringen wurde 1207 auf der Burg Sáros Patak in Ungarn geboren. Als einjähriges Kind wird sie schon mit dem Landgrafen Ludwig von Thüringen verlobt, mit vier Jahren in ihre dortige zukünftige Heimat gebracht. Sie muss so ungestüm gewesen sein, dass man sie noch vor der Heirat mit vierzehn Jahren 1221 wieder nach Ungarn zurückschicken wollte. Doch sie wird eine vorbildliche junge Ehefrau und Mutter von Hermann, Sophie und Gertrud. Sie liebte ihren Mann aus ganzem Herzen. 
Ludwig trennt sich von ihr und der Familie, um am Kreuzzug teilzunehmen, dort wird Ludwig mit dem Grafen Simon von Saarbrücken zusammengekommen sein.

Schon am 11. September 1227 stirbt Elisabeths Mann Ludwig in Brindisi an einer Virusinfektion (Fieber). Sie trauert um ihn, „als gehe die Welt unter” und beschließt ein Ordensleben zu führen. Nachdem Elisabeth im November 1231 in Marburg gestorben war, siedelten Heinrich und sein jüngster Bruder Konrad Raspe, beides Brüder des gefallenen Ludwig, durch großzügige Schenkungen den Deutschen Orden in Marburg an. Im Sommer 1234 übernahmen die Deutschherren beim Eintritt Konrad Raspes in den Orden auch das von Elisabeth gestiftete St.-Franziskus-Hospiz. Bei der Heiligsprechnung Elisabeths am 1. Mai 1236 war neben Heinrich auch der Stauferkaiser Friedrich II. zugegen. Im ersten Schlussstein des Kreuzgewölbes der Deutschherrnkapelle Saarbrücken sind zwei identische Frauenköpfe erkennbar, einer trägt ein Diadem als Zeichen der weltlichen Macht, auf der anderen Seite hat die Frau heruntergelassenes Haar in einer Art asketischer Ordenstracht. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um die Hl. Elisabeth handelt, auch die Verbindung zu den Deutschherren ist geschichtlich gegeben. Erhärtet wird diese Theorie durch den Umstand des außergewöhnlichen Grundrisses der Kapelle. Im hinteren quadratischen Schiff wurden Kranke gepflegt in der Art eines „Hotel-Dieu“, sie hatten damit immer die Hl. Elisabeth im Blick und erhofften sich zusätzlich Heilung durch die im gotischen Teil zelebrierte Hl. Messe.

Damit wäre die Deutschherrnkapelle eine der ersten Kirchen, welche sich mit der Hl. Elisabeth und ihrem Wirken verbunden fühlten. In der Kapelle befand sich lange Zeit ein bedeutender Altar des Elsässer Künstlers Jost Haller (ca. 1450). Der aufklappbare, vergoldete Altar gelangte im 17. Jahrhundert in die Prämonstratenserabtei nach Wadgassen, heute befinden sich Teile in der Alten Pinakothek in München und im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Neben vielen anderen Städten hatte Saarbrücken auch eine Kommende des Deutschen Ordens, diese Kommende trug den Namen St. Elisabeth (!) und war Teil der Ballei Lothringen zu der auch Saarburg, Trier, Metz und Beckingen gehörten. Die Hauptaufgaben des Ordens lag in der Kranken- und Armenpflege, die Deutschherrnkapelle wurde zu einer wichtigen Wegestation auf dem Jakobsweg in Richtung Frankreich.

Die Kommende verfügte über eigene Gerichtsbarkeit, ein bei Bauarbeiten gefundenes Verlies und Schriftstücke zur Gewährung eines Asyls weisen die besonderen Rechte nach. Die Besitzungen der Kommende vergrößerten sich durch Schenkungen und Ankäufe (Fischereirechte von Malstatt bis Völklingen, Hanweiler, Blies-Ebersingen; Biedersdorf; Bexbach, Ensdorf und Lisdorf). Innerhalb kurzer Zeit wurde die Saarbrücker Kommende zum größten Grundeigentümer nach der Stadt Saarbrücken. 1557 und 1561 wurden die die Gebäude durch den Komtur Geiselbert Schenck von Schmidtburg erneuert. Diese beiden Jahreszahlen sind noch heute über zwei Türen zu sehen. Mit der Reformation vermehrten sich die Schwierigkeiten des Deutschen Ordens in Saarbrücken, seit 1575 bildete die Kommende eine katholische Insel in der lutherischen Grafschaft Saarbrücken. Auch wirtschaftlich zeigte sich der Niedergang, 1557 zeigte die Jahresrechnung ein Defizit von 81 Gulden.

Der letzte Komtur, der seinen ständigen Wohnsitz auf dem Deutschhaus hatte, war Johann von Eschringen (1610-1618). Er wurde 1618 bei der Jagd von einem Hirsch getötet und auf dem Friedhof des Deutschherrenhauses begraben. 1635 fielen französische und schwedische Truppen über das Deutschhaus her und plünderten es. Ludwig XIV. betrieb in den 1680er Jahren die Rekatholisierung des Landes, aber auch dies konnte die Kommende nicht mehr beleben. Mit der französischen Revolution war das Ende des Deutschen Ordens in Saarbrücken gekommen, die Güter wurden von der französischen Regierung konfisziert und säkularisiert, der Besitz an Privatleute versteigert, das Deutschherrenhaus wurde als Bauernhof genutzt, die Kapelle diente als Scheune.

1896 wurde das Deutschherrenhaus von der Stadt Saarbrücken gekauft und es entwickelte sich über eine Armenanstalt zu einem Waisenhaus bis hin zum heutigen Jugendhilfezentrum. Das Jugendhilfezentrum als Eigenbetrieb der Stadt Saarbrücken und zugleich Eigentümer der Kapelle und der Verein „Historisches Ordensgut e.V.“ kümmerten sich in den vergangenen Jahren um die Erhaltung des historisch einmaligen Denkmals, leider wurde die Arbeit in den letzten Jahren ausserordentlich erschwert durch den Wegfall des städtischen Denkmalzuschusses.

 

 

Seit 2008 erlangte das älteste Gebäude Saarbrückens, die Deutschherrnkapelle, eine kulturelle Wiederbelebung. Die Johann-Christian-Bach-Orgel aus dem Buckinghampalast/London, geschichtlich verbunden mit bedeutenden Musiker-Persönlichkeiten wie Johann Christian Bach, W.A. Mozart oder Felix Mendelssohn, englischen Monarchen wie Georg III., Prinz Albert und Königin Viktoria oder auch mit der Taufe der Queen im Jahre 1926 und dem Wirken Dietrich Bonhoeffers in England nach dem Orgelwiederaufbau des Instrumentes in der Holy Trinity Church in London, wird der Deutschherrnkapelle nun ein seiner Geschichte angemessenes kulturelles Kleinod zurückgegeben. In einer Festwoche vom 19.-27.4.2008 wurde die durch Hilfen der Immobiliengruppe Saarbrücken und der GIU nun im Inneren vollständig renovierte Kapelle der Öffentlichkeit vorgestellt, ebenso die Johann-Christian-Bach-Orgel, eine musikalische Reliquie des berühmten Bach-Sohnes mit einer einzigartigen Ausstrahlungskraft weit über die Landesgrenzen hinaus.